Förderzentrum Autismus
Kleinklassen für Kinder im Autismus-Spektrum
Unser Leitbild
Wofür Standards?
Im Förderzentrum Autismus der Comenius-Schule werden SchülerInnen mit dem Förderbedarf Autismus in jahrgangsübergreifenden Kleinklassen von bis zu 6 SchülerInnen zielgleich nach den Rahmenlehrplänen der Berliner Grundschule und Integrierten Sekundarschule unterrichtet (vgl. SenBJF). Auch wenn Kinder und Jugendliche im autistischen Spektrum wie alle Menschen sehr unterschiedlich sein können, sind mit der neurologischen Besonderheit eine Reihe von Gemeinsamkeiten zu beachten (vgl. NeuroDivers e.V.):
Menschen im Autismus Spektrum zeigen …
Unterschiede in der sozialen Interaktion (z.B. geringer Augenkontakt, Tendenz umgebende Menschen auszublenden, geringere Neigung mit Gleichaltrigen Spielzeug oder Aktivitäten zu teilen)
Unterschiede in der sozialen Kommunikation (z.B. geringere Reaktion auf verbale Kontaktaufnahmen, verzögerte Sprachentwicklung, wortwörtliches Verstehen von Metaphern)
ein großes Bedürfnis nach Klarheit, Routinen und Beständigkeit
eine abweichende Wahrnehmungsverarbeitung (Hypo- oder Hypersensibilität)
atypische, teilweise repetitive Bewegungen (Stereotypien)
intensive, oft spezielle Interessen
Um auf die Bedürfnisse jedes Kindes und Jugendlichen eingehen zu können und so die schulische Förderung in allen Fächern zu gewährleisten, werden individuelle Unterrichtsformen angeboten. So sorgen beispielsweise eine ruhige Lernatmosphäre mit individuellen Pausenregelungen und die Möglichkeit, Teilungsräume zu nutzen, für ein positives und unterstützendes Lernklima. Die hohe Individualität schafft viele Freiheiten und ermöglicht einen Unterricht, der an den Lern- und Entwicklungsstand des Kindes angepasst ist. Zudem profitiert das Förderzentrum von der Expertise einer langjährigen Praxis mit diesem Förderbedarf, sodass sich über die Jahre eine Reihe von Standards entwickelt haben, die sich in allen Kleinklassen wiederfinden und so zum Qualitätsmerkmal dieses Förderzentrums geworden sind.
Während des Studientags in der Autismusabteilung zu Beginn des Schuljahres 2020/21 wurde von mehreren Seiten der Wunsch geäußert, verbindliche Standards für den Autismusbereich auch schriftlich festzuhalten. Dies hat zudem den Vorteil, dass die SchülerInnen bei einem Klassenwechsel (Übergang von A- in B- und in die C-Klassen) ähnliche Strukturen wiederfinden und die Eingliederung leichter fällt. Der hier vorliegende Kriterienkatalog fasst damit die über die Jahre entwickelten Standards des Förderzentrums zusammen. Er dient zum einen als Orientierung für Eltern, aber auch für neue KollegInnen an der Schule. Des Weiteren soll er dazu anregen, die gemeinsame Arbeit kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Dokumentation der Expertise der Beschulung von Kindern mit dem Förderbedarf Autismus leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Qualitätsmanagement der Comenius-Schule.
Jahrgangsübergreifende Standards
Obwohl im Förderzentrum Autismus SchülerInnen der Jahrgangsstufe 2 bis 10 unterrichtet werden und damit eine hohe Heterogenität existiert, lassen sich jahrgangsübergreifende Standards formulieren, die sich in allen Kleinklassen wiederfinden lassen. Im Folgenden sind die Standards inhaltlich gebündelt:
Personelle und räumliche Rahmenbedingungen
Aufgrund der diagnostizierten Förderbedarfe der SchülerInnen lässt sich eine hohe personelle Ausstattung ermöglichen: Jede Kleinklasse kann so im Teamteaching von einer Klassenlehrkraft und einer pädagogischen Unterrichtshilfe (PU) unterrichtet werden. Dieses Klassenteam wird zudem von ErzieherInnen der Nachmittagsbetreuung unterstützt, die in einzelnen Stunden ebenfalls die pädagogische Arbeit während des Unterrichts begleiten, sodass bei Bedarf zum Teil drei Erwachsene für sechs SchülerInnen vor Ort sind und so eine hohe individuelle Unterstützung gewährleistet werden kann. Je höher die Klassenstufe, desto höher ist zudem der Einsatz von Fachlehrkräften. Während im Grundschulbereich der Unterricht überwiegend von den Klassenlehrkräften und den PUs übernommen wird, finden sich in den höheren Klassen mehr Fachlehrkräfte.
Sicherheit durch Vorhersagbarkeit und Struktur
Ein Qualitätsmerkmal in der (sonder-)pädagogischen Arbeit mit SchülerInnen mit dem Förderbedarf Autismus ist die Herstellung von Sicherheit. Aufgrund ihres Bestrebens, „die dingliche und personelle Umwelt und ihre Abläufe möglichst gleichbleibend aufrecht zu erhalten, kann man bei Veränderungen häufig Unbehagen oder Irritationen beobachten, durch die verschiedene Formen des Rückzugs hervorgerufen werden können (vgl. FoBi 2020a, 4). Dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen nur selbstgewählte Aufgaben bearbeiten wollen, auf Ansprachen nicht mehr reagieren oder sich gänzlich verweigern. Teilweise ist die Überforderung so groß, dass sie verbal oder körperlich aggressiv werden. Dies kann daran liegen, dass Menschen Autismus Spektrum ihre eigenen Belastungsgrenzen nicht immer wahrnehmen und/oder Schwierigkeiten haben diese verbal zu formulieren. Die Überlastung kann dadurch entstehen, dass Aufgaben oder Anforderungen für sie manchmal keinen Sinn ergeben, weil sie ein geringeres intuitives und spontanes Verstehen der Umwelt haben. Ein Grundsatz der pädagogischen Arbeit ist daher die Strukturierung des Schultages durch vertraute und wiederkehrende Rituale, um den SchülerInnen ein hohes Maß an Sicherheit zu ermöglichen (vgl. Fobi Autismus 2020a, 23).
Entlastung durch Ordnungssysteme
Einige SchülerInnen mit dem Förderbedarf Autismus zeigen Schwächen in der Vorausplanung, Selbstorganisation und die Initiierung von Handlungen. Um sie zu unterstützen, hilft es ihren Lernprozess durch Ordnungssysteme zu entlasten. Hier können Schubladen oder Ablagefächer beschriftet werden. Auch Fotos oder Piktogramme können die Kinder darin unterstützen Ordnung zu halten bzw. herzustellen. Gerade jüngeren SchülerInnen hilft auch eine klare Strukturierung des Arbeitsplatzes, indem Markierungen zur Ablage der Schul- oder Federtasche am Schreibtisch angebracht werden.
Hilfen zur Aufmerksamkeitssteuerung
Einige SchülerInnen mit dem Förderbedarf Autismus zeigen Schwächen in der Vorausplanung, Selbstorganisation und die Initiierung von Handlungen. Einige SchülerInnen neigen deshalb dazu, den Handlungsfaden bei komplexen Aufgaben zu verlieren, weil sie Schwierigkeiten haben, verschiedene Details zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen, oder Probleme damit haben, „Informationen im Bezug zum Kontext zu setzen“ (FoBi Autismus 2020a, 19). Um bei der Herstellung dieser „Zentralen Kohärenz“ zu unterstützen, sind Arbeitsaufträge und Arbeitsblätter mit besonderem Fokus auf „Klarheit“ zu konzipieren (Fobi Autismus 2020b, 31-41).
Die SchülerInnen werden in ihrem schulischen Arbeiten durch Hilfen zur Aufmerksamkeitssteuerung (siehe Fotos) unterstützt, indem …
- konkrete Arbeitsabläufe mündlich erläutert und bei Bedarf schriftlich bzw. visuell durch Piktogramme-Kärtchen unterstützt werden.
- Aufgabenstellungen klar und eindeutig formuliert werden (Nutzung von Operatoren „nennen“, „begründen“, „ankreuzen“, „Rechnung aufschreiben“).
- die Aufgaben kleinschrittig formuliert sind.
- der erwartete Arbeitsumfang visualisiert ist (z.B. Sanduhr, Markierung)
- die SchülerInnen bei Bedarf Arbeitsblätter und Arbeitshefte mit wiederkehrenden Aufgabenmustern und wenig ablenkenden Details erhalten.
Aufbau der Autismus-Kleinklassen
In den Autismus-Kleinklassen wird in einer Lerngruppe von 5 bis 6 SchülerInnen jahrgangsübergreifend gearbeitet. Eine Einteilung der Lerngruppen findet wie folgt statt:
Klasse A: Jahrgangsstufe 2-4 (eine Klasse)
Klasse B: Jahrgangsstufe 5-7 (zwei Klassen)
Klasse C: Jahrgangsstufe 8-10 (fünf Klassen)
Je nach schulischem und individuellem Entwicklungsstand der SchülerInnen sind Ausnahmen möglich.
Jahrgangsstufe 2-4 (Klasse A1)
In der Klasse A 1 unterrichten wir Schüler*innen der Jahrgangsstufen 2 – 4. Der Unterricht umfasst jeden Tag fünf Schulstunden und findet von 8.00 Uhr bis 12.35 Uhr statt. An drei Tagen in der Woche bieten wir in der 6. Stunde eine Schülerarbeitsstunde für diejenigen Schüler*innen an, die im darauffolgenden Schuljahr in eine B - Klasse wechseln werden. Für die Schüler*innen, die einen vollen Schultag mit fünf Unterrichtsstunden noch nicht durchhalten, gibt es die Möglichkeit, sich zwischendurch in der Schulstation zu entlasten. Die Schüler*innen werden nach dem Rahmenlehrplan der Grundschule unterrichtet, wobei der Lernstand jedes Kindes individuell berücksichtigt wird. Darüber hinaus fließen ETEP - Elemente in den Unterricht mit ein. Die Einteilung der Stunden und Lernpausen wird flexibel gehandhabt und an die Ausdauer der Kinder angepasst. Die Schüler*innen der Klasse A 1 haben eigene Hofpausen in ihrem Klassenverband. Es gibt keine Schulnoten, sondern verbale Beurteilungen in Form eines Fließtextes.
Die folgenden Förderziele stehen bei der Arbeit in den Jahrgangsstufen 2 – 4 im Vordergrund:
Entwickeln von Freude am Lernen
Einbringen und Erweitern ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten
Steigerung von Ausdauer und Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit
Beteiligung an Unterrichtsaktivitäten in der Gruppe
Einhalten von Gruppenregeln
Kommunikation von Bedürfnissen und Gefühlen
Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung
gemeinsames Spielen
Üben lebenspraktischer Fertigkeiten
Orientierung und angemessenes Verhalten außerhalb der Schule
Zu den regelmäßigen Aktivitäten, die dem Erreichen der oben genannten Ziele dienen,gehören dastägliche gemeinsame Frühstück, der monatliche Besuch der nah gelegenenBücherei sowie einmonatlicher Ausflug, Backen und Kochen in der Pädagogischen Küche.
Jahrgangsstufen 5-7 (Klasse B1 und B2)
Der Unterricht umfasst je nach Schulstufe 30 bis 31 Wochenstunden. An zwei Tagen in der Woche steht den Schüler*innen der 7. Klasse zusätzlich je eine Schülerarbeitsstunde zur Verfügung. Der Unterricht richtet sich nach dem Rahmenplan der Grundschule bzw. der Sekundarstufe I. Auch in diesen Klassen wird der individuelle Lernstand jedes/r Schüler*in berücksichtigt und binnendifferenziert unterrichtet. Die Einteilung der Stunden und Lernpausen erfolgt grundsätzlich nach Plan. Wenn es erforderlich oder sinnvoll ist, werden diese an die Ausdauer der Schüler*innen angepasst. Zusätzlich fließen ETEP - Elemente in den Unterricht mit ein. Die Schüler*innen erhalten ab der 5. Klasse ein Grundschulzeugnis mit einer Beurteilung durch Noten bzw. ab der 7. Klasse ein Zeugnis der Sekundarstufe I.
Die Schüler*innen der B – Klassen verbringen die Pausen zu den regulären Pausenzeiten auf dem Hof, dabei werden sie ggf. von Erziehern begleitet. Sie können die Pausen auch in ihrem
Klassenraum oder im Gruppenraum der Sekundarstufe I verbringen.
Die folgenden Förderziele stehen bei der Arbeit in diesen Jahrgangsstufen im Vordergrund:
Entwickeln von Freude am Lernen
Entwickeln von Eigenverantwortung am Lernprozess
Entwickeln von Selbstständigkeit
Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken
Förderung des Selbstwertgefühls und der Frustrationstoleranz
Aufbau eines angemessenen Umgangs mit Testsituationen und Leistungsbeurteilungen
Förderung der Fähigkeit, sich auf vorgegebene Stundenpläne und auf Fachunterricht einzustellen
Förderung der Kommunikations- und Gruppenfähigkeit
Orientierung und angemessenes Verhalten inner- und außerhalb des Schulgeländes
Entwickeln lebenspraktischer Fertigkeiten
Zu den regelmäßigen Aktivitäten dieser Klassen gehören der Klassenrat, die Lesezeit, die Partizipation an der konkreten Ausgestaltung von Lerninhalten, außerdem regelmäßige Besuche der Bücherei und anderer außerschulischer Lernorte (Theater und Museen).
Jahrgangsstufe 8-10 (Klasse C1, C2, C3 und C4)
In diesen Klassen wird nach den Rahmenplänen der Sekundarstufe I unterrichtet, d.h. mit einem Stundenumfang von 32 Stunden sowie zwei zusätzlichen Schülerarbeitsstunden pro Woche. Wir unterrichten binnendifferenziert auf verschiedenen Niveaustufen, eine äußere Leistungsdifferenzierung findet nicht statt. Die Schüler*innen erhalten Zeugnisse der Sekundarstufe I. Um den besonderen Bedürfnissen unserer Schüler*innen gerecht zu werden, werden mehr Stunden, als dies in der Sekundarstufe I üblich ist, von den Klassenlehrer*innen unterrichtet. Im Hinblick auf die Stundentafel der Integrierten Sekundarschule, die Anforderungen der Schulabschlüsse, den eventuellen Übergang in ein Oberstufe oder in eine Ausbildung sind jedoch im Vergleich zu den unteren Klassenstufen mehr Fachlehrerstunden vorgesehen. Über verschiedene Wahlpflichtfächer (z.B. Darstellendes Spiel, NaWi, GGP, WAT) wird eine weitereAnpassung des Unterrichts an die individuellen Interessen und Bedürfnisse unserer Schüler*innenvorgenommen. Eine zweite Fremdsprache wird nicht angeboten, diese kann bei einem eventuellangestrebten Abitur an den jeweiligen Oberstufenzentren oder Integrierten Sekundarschulen belegtwerden.Durch eine stundenmäßige Verstärkung der Haupt- und Prüfungsfächer Deutsch, Mathematik undEnglisch über Profilstunden wird den oben beschriebenen Lern- und Prüfungsbesonderheiten unsererSchüler*innen entsprochen.
Neben den allgemeinen und individuellen Förderzielen stehen besonders die folgenden Förderbereiche bei der Arbeit in diesen Jahrgangsstufen im Vordergrund:
Förderung der Kommunikations- und Gruppenfähigkeit
Vermittlung von Lerntechniken
Erwerb von Medienkompetenz
Förderung der Eigenverantwortung
Vorbereitung auf den Bildungsanschluss nach der 10. Klasse
Die Schüler*innen der C – Klassen verbringen die Pausen auf dem Hof, im Gruppenraum oder in ihrem Klassenzimmer. Einzelheiten werden durch Absprachen der Teams der vier C – Klassen geregelt. Zu den Aktivitäten dieser Jahrgangsstufen gehören Projektarbeit, Teilnahme am Klassenrat, Nutzung der Fahrradwerkstatt und der Pädagogischen Küche, Besuch außerschulischer Lernorte, Teilnahme an Schülerwettbewerben, gemeinsame Feste und Projekte mit anderen Klassen, Klassenfahrten sowie Schülerpraktika und Berufsorientierung.
Berufsorientierung und Praktika
Die Comenius - Schule kooperiert mit dem Annedore - Leber - Berufsbildungswerk (ALBBW) im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten und vom Bundesinstitut für Berufsbildung durchgeführten Berufsorientierungsprogramms. Dieses Programm umfasst einedreitägige Potenzialanalyse und zehn Werkstatttage in den Räumen des ALBBW, Paster - Behrens -Str. 88, 12359 Berlin. Die Schüler*innen der 8. Klassenstufe nehmen daran teil, eine genauereVorstellung erfolgt im Rahmen eines Elternabends. Da dieses Programm außerhalb der Comenius-Schule stattfindet, werden die Schüler*innen von den Pädagogischen Unterrichtshilfen täglich begleitet.
Die Schüler*innen des 9. bzw. 10. Jahrgangs absolvieren, wie für alle Schüler*innen einer Integrierten Sekundarschule vorgesehen, ein zweiwöchiges Praktikum, das individuell vorbereitet, begleitet und ausgewertet wird. Die Praktika können je nach Interesse und individueller Entwicklung der Schüler*innen in allen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung in Berlin stattfinden. Ein fakultatives darüber hinaus stattfindendes Praktikum während der 10. Jahrgangsstufe soll insbesondere den zukünftigen Berufs- bzw. Bildungsweg vorbereiten. Daneben besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Praktikum in einer der Werkstätten des ALBBW und anderer Berufsbildungswerke oder in einer der Schülerfirmen der Comenius - Schule. Eine Unterstützung bei der Suche nach Praktikumsplätzen erfahren die Schüler*innen ab der 9. Klasse durch ein Programm der Initiative Inklusion Berlin. Dieses zwei Jahre dauernde Programm, das bei einem Elternabend zu Beginn des 9. Schuljahres vorgestellt wird, bietet eine gut abgestimmteBerufsorientierung. Durch die Kooperation zwischen den Jugendlichen und ihren Erziehungs-berechtigten, den Kolleg*innen der Comenius – Schule sowie den zuständigen Reha Berater*innender Bundesagentur für Arbeit und den Mitarbeiter*innen der Initiative Inklusion wird ein nahtloser beruflicher wie schulischer Anschluss nach dem Besuch der und Projekte mit anderen Klassen, Klassenfahrten sowie Schülerpraktika und Berufsorientierung.
Prüfungen und Vergleichsarbeiten
In der 9. Klasse sind alle Schüler*innen der Sekundarstufe I und somit auch die Schüler*innen der Autismus-Kleinklasse verpflichtet, zu den zentral festgelegten Terminen an den Prüfungen zur Berufsbildungsreife (BBR) teilzunehmen. Diese erfolgen in den Fächern Deutsch und Mathematik.
In der 10. Klasse finden je nach schulischer Entwicklung die Prüfungen zur erweiterten Berufsbildungsreife (eBBR) oder zum Mittleren Schulabschluss (MSA) in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik zu den zentral festgelegten Terminen statt. Die Termine der Präsentationsprüfung, die in den Autismus-Kleinklassen als Einzelprüfung erfolgt, sowie der mündlichen Prüfung im Fach Englisch werden schulintern festgelegt. Bei den zentral gestellten Aufgaben findet keine Differenzierung hinsichtlich des Inhalts und der Formulierungen der Aufgabenstellungen statt. Deshalb stehen bei der Prüfungsvorbereitung u.a. der Umgang mit prüfungstypischen Aufgabenstellungen und das Erkennen von Wesentlichem im Mittelpunkt.
Wir bereiten unsere Schüler*innen während der Profil- und Schülerarbeitsstunden intensiv auf Prüfungen vor. Außerdem erhalten sie - wie auch schon zuvor während der Klassenarbeiten - in den einzelnen Prüfungen einen zuvor festgelegten, auf ihre individuellen Bedürfnisse ausgerichteten Nachteilsausgleich. Dieser wird gemäß den Vorschriften der Sekundarstufenverordnung I sowie der Sonderpädagogikverordnung festgelegt.
Je nach Zusammensetzung der Klassen variiert pro Jahrgang die Anzahl der an den Prüfungen teilnehmenden Schüler*innen. Von der Anzahl der teilnehmenden Schüler*innen und von ihren individuellen Voraussetzungen hängt ab, ob sie die Prüfungen gemeinsam oder individuell in der gewohnten Umgebung des Klassenraums absolvieren. Aus prüfungstechnischen Gründen gilt dies nicht für das Fach Englisch.
In den Klassenstufen 3 und 8 werden deutschlandweit Vergleichsarbeiten (VERA 3, VERA 8) u.a. mit den Zielen durchgeführt, als Informationsquelle der Evaluation und als ergänzende Information zur Beratung der Eltern zu dienen. Sie dienen nicht der Leistungsbeurteilung. Um die Belastungen für unsere Schüler*innen zu verringern, werden diese Tests in den Kleinklassen nur durchgeführt, wenn es aus pädagogischer Sicht sinnvoll ist.
In den C-Klassen liegt außerdem der pädagogische Schwerpunkt auf dem Aufbau der Lernmotivation und dem Abbau von Verweigerungshaltungen; die Teilnahme an einem Test kann hier kontraproduktiv wirken. Bei den Schüler*innen der 8. Klasse kann erschwerend hinzukommen, dass der Eingewöhnungsprozess in die neue Lerngruppe und an die neuen Anforderungen lange dauert. Zudem können Schüler*innen, die erst in der 7. oder 8. Klasse an die Comenius – Schule wechseln, oft mit der Verarbeitung von Mobbingerfahrungen, einer Phase des Scheiterns und einer geringen Selbstwertproblematik belastet sein.
Sonderpädagogische Förderung und Methoden
Besondere Beachtung erfährt in den Autismus-Kleinklassen die Förderung der sozialen Kompetenzen, der Kommunikation, der Interaktion sowie des Lern- und Arbeitsverhaltens.
In allen Jahrgangsstufen steht die individuelle Auseinandersetzung der Schüler*innen mit ihren Besonderheiten, die Entwicklung eines realistischen Selbstbildes und die Entfaltung bzw. Vergrößerung von Handlungsspielräumen im Zentrum unseres pädagogischen Handelns. Diese Aspekte finden sich in den individuellen Förderplänen wieder und werden in allen Unterrichtsfächern und zusätzlichen erzieherischen wie unterrichtlichen Angeboten
berücksichtigt.
In allen Lerngruppen wird besonderer Wert gelegt auf die Förderung:
- des Selbstwertgefühls
- der Ausdauer
- der Frustrationstoleranz
- der Selbständigkeit
- der Kritikfähigkeit und Fehlertoleranz
- sowie der Toleranz gegenüber anderen
- der Selbstkompetenz im Sinne von Selbstmotivation und Selbstregulation
Förderpläne
Das sonderpädagogische Gutachten und die Beobachtungen im Unterricht bilden die Grundlage für die Erstellung eines individuellen Förderplans. Der Förderplan wird halbjährlich fortgeschrieben und insbesondere in den unteren Klassenstufen mithilfe des
- ELDIB (Entwicklungstherapeutischer Lernziel- Diagnose-Bogen, diagnostisches Verfahren im Rahmen der Entwicklungstherapie/-pädagogik) entwickelt.
- Oder nach dem Prinzip der kooperativen Förderplanung nach Mutzeck und Melzer (KEFF-Modell), in welchem die SchülerInnen in Zusammenarbeit mit dem pädagogischen Team ihren Förderplan selbst erstellen. Hier werden die Kinder darin geschult, ihre eigenen Kompetenzen zu erkennen und Ziele aus den herausgearbeiteten Förderbereichen formulieren.
In beiden Fällen orientieren sich die Förderpläne sowohl an den individuellen Ressourcen, als auch den Entwicklungsbereichen der SchülerInnen.
Das pädagogische Team
Im Bereich der Autismus-Kleinklassen arbeitet ein multiprofessionelles Team, das sich aus Grundschullehrer*innen, Sonderpädagog*innen und Studienrät*innen der unterschiedlichsten Fachrichtungen sowie Pädagogischen Unterrichtshilfen und Erzieher*innen zusammensetzt. Zusätzlich stehen drei Ambulanzlehrer*innen für den Förderschwerpunkt Autismus, die unter anderem für die Comenius – Schule tätig sind, für Beratung zur Verfügung.
Zusammenarbeit und Aufgaben
Die Kolleg*innen beraten sich regelmäßig zu pädagogischen, methodisch - didaktischen und organisatorischen Fragen. Monatlich findet ein Treffen im Gesamtteam statt, die Kleinteams (z.B. Klassenlehrer*in – PU, PU-Team, Erzieher*innenteam) tauschen sich wöchentlich bzw. nach Bedarf täglich aus.
Neben den Gesprächen im Team und der kollegialen Beratung haben die Kolleg*innen die Möglichkeit zum Austausch in einer Intervisionsgruppe. Zudem nehmen sie an schulinternen wie -externen Fortbildungen zum Thema Autismus teil. Die Einarbeitung neuer Kolleg*innen erfolgt über ein Mentorensystem.
Um der hohen Irritierbarkeit unserer Schüler*innen und ihrem Bedürfnis nach Sicherheit gerecht zu werden, werden sie weitgehend von ihrem/ihrer Klassenlehrer*in und ihrer Pädagogischen Unterrichtshilfe unterrichtet. Mit aufsteigender Klassenstufe erhöht sich sukzessive die Anzahl der Fachlehrer*innen. Die Klassenlehrer*innen und die meisten der Fachlehrer*innen sind mit einem großen Teil ihres Stundendeputats in den Autismus-Kleinklassen eingesetzt. Dadurch ist eine Kontinuität der personellen Verlässlichkeit und Vertrautheit gewährleistet, dies ist besonders wichtig bei personellen Engpässen, z.B. im Vertretungsfall. Weil die in den Autismus-Kleinklassen arbeitenden Kolleg*innen den meisten Schüler*innen dieser Klassen bekannt sind, können individuelle Lösungen bezüglich der Übergänge zwischen den Klassenstufen und Lerngruppen bzw. der vorübergehenden Wahl des richtigen Förderortes problemlos und zeitnah gefunden werden.
Aufgaben der Klassenlehrkraft
Zu den Aufgaben der Klassenlehrer*innen gehört neben dem Fachunterricht die Koordination der unterstützenden pädagogischen Maßnahmen unter Einbeziehung aller in den Lerngruppen tätigen Kolleg*innen, der Eltern und außerschulischer Unterstützer*innen. Sie sind in beständiger Kooperation mit den Pädagogischen Unterrichtshilfen für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit und die Festlegung von Förderzielen und -maßnahmen verantwortlich.
Aufgaben der Pädagogischen Unterrichtshilfe (PU)
Die Pädagogischen Unterrichtshilfen werden nur in einer Klasse eingesetzt. Sie regeln neben den oben beschriebenen Aufgaben die Übergänge zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden, informieren die Klassen- und Fachlehrer*innen über tagesaktuelle Besonderheiten und sorgen aufgrund ihrer hohen Präsenzzeit insbesondere für die Aufrechterhaltung von Regeln, Ritualen und Strukturen. Außerdem betreuen sie die Schülerarbeitsstunden und begleiten einzelne Schüler*innen zu außerschulischen Lernorten (z.B. bei Praktika). Pädagogische Unterrichtshilfen vertreten die
Lehrer*innen im Krankheitsfall.
Aufgaben der ErzieherInnen des teilgebundenen Ganztags
Die Erzieher*innen haben eine doppelte Funktion: Zum einen sind sie für das Nachmittagsangebot des teilgebundenen Ganztagsbetriebes der Sekundarstufe I zuständig, zum anderen unterstützen sie die Kolleg*innen vormittags während der Unterrichtzeit. Dies geschieht durch direkte Unterstützung im Unterricht, z.B. wenn sich im Sportunterricht eine höhere personelle Betreuungsfrequenz als notwendig erweist. Sind spezielle Fördermaßnahmen erforderlich, werden individuelle, mit den Lehrer*innen abgestimmte Lernangebote während der Unterrichtszeit im Ganztags-Gruppenraum von den Erzieher*innen angeboten. Die Erzieher*innen betreuen, falls notwendig, auch einzelne
Schüler*innen während einer Auszeit vom Unterricht.
Der teilgebundene Ganztag (Nachmittagsbetreuung)
Die Nachmittagsbetreuung, als ein Bestandteil der teilgebundenen Ganztagsbeschulung, ist ein Angebot der Comenius-Schule für die Autismus-Kleinklassen ab Jahrgangsstufe 7.
Die Betreuung findet als ein verbindlicher Bestandteil des Stundenplans von Montag bis Donnerstag von 13:25 Uhr bis 16:00 Uhr in den Räumen 418 und 416 sowie dem zugehörigen Flurbereich statt. Die Schüle*innen nehmen klassenweise in einem festen Turnus an jeweils zwei Tagen in der Woche an der NB teil.
Als zusätzliches Angebot können die Schüler*innen die Räume der NB in der ersten großen Pause und nach Absprache nutzen.
Für die Betreuungszeiten stehen ebenfalls in Absprache und in Begleitung eines Erziehers*in weitere Bereiche der Schule zur Verfügung. Hierzu zählen z.B. die Turnhalle, der Musik-, der Kunst- und der Töpferraum, die Küche, der Schulhof und die Schulstation. Der Computerraum steht in zeitlich eingeschränkter Nutzung ebenfalls zur Verfügung. Das Bedürfnis nach einem Rückzugsort kann temporär erfüllt werden.
Die Nachmittagsbetreuung versteht sich als ein Ort:
1. der Kommunikation - Besprechung aktueller Themen, individueller Sorgen, Ängste und Probleme
2. der sozialen Interaktion - Aufbau und Pflege von Freundschaften, Weiterentwicklung der Empathiefähigkeit, analoge Spiele (z.B.Brett- und Phantasiespiele, als Gegensatz zur technologie-affinen Freizeitgestaltung), lebenspraktischen Förderung z.B. Kochen, 1 x monatl. Mädchengruppe etc.
3. des Erlebens der Schule als Freizeitort (nicht ausschließlich als Lernort)
Die Nachmittagsbetreuung orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen der Jugendlichen. Hierzu findet zwei Mal im Schuljahr eine Besprechung mit allen Schüler*innen statt, um Ideen, Wünsche und Probleme demokratisch zu besprechen und die in der NB bestehenden Regeln zu erläutern.
Je nach Interesse und Wunsch der Schüler*innen können Projekte oder Ausflüge geplant und durchgeführt werden.
Die Erzieher*innen der Nachmittagsbetreuung sind den Schüler*innen durch die tägliche Unterrichtsbegleitung vertraut.
Gespräche und Kooperationen mit den Eltern sind nach Absprache erwünscht. Für einen diesbezüglichen Austausch bieten wir einmal im Schuljahr ein Elterncafé an.
Literatur
Autismus Deutschland e.V. (o.A.): Elternratgeber Autismus-Spektrum-Störungen. Informationen des Bundesverbandes autismus Deutschland e.V. Online verfügbar unter www.autismus.de/fileadmin/user_upload/Elternratgeber_final.pdf, zuletzt aufgerufen am 22.06.2021.
FoBi Autismus (2020a): Autismus. Präsentation von Konstanze Möbius und Andrea Munkelberg.
Fobi Autismus (2020b): Autismus Fortbildung Comenius-Schule. Präsentation von Svantje Ohder, Konstanze Möbius und Andrea Munkelberg.
Häusler, A.; Tuckermann, A. & Lausmann, E. (2019): Praxis TEACCH. Neue Materialien zur Förderung der Sozialen Kompetenz. Dortmund: Borgmann Media.
Mutzeck, W.; Melzer, C. (2007): Kooperative Förderplanung. Erstellung und Fortschreibung individueller Förderpläne. In: Mutzeck, W. (Hrsg.): Förderplanung. Grundlagen, Methoden, Alternativen. Weinheim: Beltz-Verlag, 251-259.
NeuroDivers e.V. (o.A.): Unsichtbare Barrieren. Autismus und strukturelle Alltagshürden. Informationsbroschüre. Online verfügbar unter: neurodivers.net/onewebmedia/Unsichtbare%20Barrieren.pdf, zuletzt aufgerufen am 22.06.2021.
SenBJF (o.A.): Rahmenlehrplan Online Berlin-Brandenburg. Online verfügbar unter bildungsserver.berlin-brandenburg.de/rlp-online, zuletzt aufgerufen am 22.06.2021.




















































